Tschernobyl darfst du nur mit geführten Touren besuchen.
Die Touren fangen in der 100 km vom Eingang der Sperrzone entfernten ukrainischen Hauptstadt Kiew an.
Ich habe die am besten bewertete Führung gebucht und teile hier meine Erfahrungen mit ihr.
Dazu kommen Antworten zu den häufigsten Fragen zum Besuch in der Sperrzone.
Ich fange mit den Fragen an und beschreibe danach die "Ab Kiew: Tagesausflug zur Tschernobyl Sperrzone mit Prypjat" Tour genau.
5 Fragen vor dem Besuch in Tschernobyl
Der Besuch von Tschernobyl ist momentan nicht möglich, weil der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine noch immer anhält.
Hier beschreibe ich die alten Regeln für den Besuch in der Sperrzone. Sobald sich etwas daran ändert, aktualisiere ich meinen Beitrag.
1. Welche Regeln gelten für einen Besuch in der Tschernobyl Sperrzone?
Der Eintritt in die Sperrzone ist ab 18 Jahren mit einer geführten Tour und einer vorab beantragten Genehmigung möglich.
Der Antrag für die Genehmigung muss einige Tage vor dem geplanten Reisetermin eingebracht werden. Reserviere eine Führung deswegen unbedingt vorab. Das vermeidet eine Enttäuschung in Kiew.
Die Buchung funktioniert zusammen mit dem Antrag für die Genehmigung mit GetYourGuide.de. Sie haben ein Formular, das zusammen mit der Buchung alle wichtigen Angaben an den Veranstalter in der Ukraine übermittelt.
Für die Besuchserlaubnis in der Sperrzone ist deine Passnummer, der volle Name, das Geburtsdatum und die Nationalität von allen Reiseteilnehmer notwendig. Die Reiseleiter in der Ukraine beantragen damit deine Besuchsberechtigung in der Sperrzone.
Die Genehmigung prüfen Polizisten vor dem Tschernobyl Kontrollpunkt zusammen mit dem Reisepass genau. Fülle deswegen alle Angaben richtig aus und denke an deinen Ausweis!
Eine ähnliche Funktion für den Antrag hat auch Viator.
Ich buche Touren lieber mit GetYourGuide, weil sie deutlich bessere Bewertungen haben.
2. Ist die Strahlung in Tschernobyl gefährlich?
Das kommt darauf an, welchen Teil der Sperrzone du besuchst. Es gibt nach wie vor sehr gefährliche Orte mit einer Strahlung von 600 bis 800 Mikrosievert pro Stunde, zum Beispiel im Roten Wald. Zum Vergleich fängt eine Strahlenvergiftung ab 1.000 Mikrosievert an.
Die Führungen bringen dich nur zu sicheren Orten. Orte mit einer hohen Strahlenbelastung siehst du nur aus einer sicheren Entfernung.
Zur Sicherheit erhalten alle Reiseteilnehmer am Eingang der Sperrzone einen persönlichen Dosimeter für die gesamte Tour. Er misst die gesammelte Strahlung während der gesamten Führung.
Mein Dosimeter hat nach dem rund zehnstündigen Aufenthalt in der Sperrzone 1,5 Mikrosievert angezeigt. Ein Mensch nimmt je nach Wohnort an einem normalen Tag zwischen 0,7 bis und 2 Mikrosievert auf. Ein einstündiger Flug verursacht eine Strahlenbelastung von 10 bis 20 Mikrosievert.
Dein Hin- und Rückflug nach Kiew verursacht deswegen voraussichtlich ein Vielfaches der Strahlenbelastung deiner Tour nach Tschernobyl. Mehr Vergleiche dazu hat das Bundesamt für Strahlenschutz.
3. Ist eine Tour nach Tschernobyl sicher?
Zusätzlich zu Orten mit einer hohen Strahlenbelastung gehören einstürzende Häuser zu den möglichen Gefahren in Tschernobyl. Seitdem einige Hausfassaden, Böden und Treppen eingestürzt sind, dürfen Reisegruppen nicht mehr für Bilder in Häuser hineingehen.
Unsere Reiseführerin hat gesagt, dass die Polizisten sehr streng darauf achten, dass niemand in Gebäude hineingeht. Es hat niemand von uns probiert. Angeblich wurden schon ganze Reisegruppen deswegen aus der Sperrzone geworfen.
Das Innere der Gebäude siehst du trotzdem durch offene Türen, Fenster und eingestürzte Hauswände.
Wichtig! Packe deinen Reisepass ein! Dein Pass wird am Kontrollpunkt vor der Sperrzone, an einem Kontrollpunkt in der Zone und beim Verlassen der Sperrzone von Tschernobyl kontrolliert.
4. Welche Sehenswürdigkeiten kann ich während einer Tour anschauen?
Ich habe eine klassische Führung mit den Highlights in Tschernobyl gebucht.
Dazu gehören:
- Tschernobyl Kernkraftwerk: du stehst rund 400 m vom Reaktorblock 4 im Kernkraftwerk entfernt, der heute von einem "Sarkophag" zum Schutz vor der Strahlung umgeben ist. Du isst während der Tour in der Kraftwerkskantine von Tschernobyl. Darin essen auch die Arbeiter, die das Kernkraftwerk abbauen.
- Prypjat Geisterstadt: die verlassene kommunistische Planstadt mit einstmals 50.000 Einwohnern. In Prypjat haben die meisten Arbeiter von Tschernobyl gewohnt.
- Tschernobyl Dorf: das Dorf, nachdem das Kraftwerk benannt wurde mit der letzten Statue von Lenin in der Ukraine, dem Postamt und den Hotels in der Sperrzone.
- Duga Radarstation: eine ehemals geheime sowjetische Radaranlage zur Frühwarnung von Interkontinentalraketen. Die Einwohner der umliegenden Dörfer durften sie selbst nicht besuchen. Die Wachen hatten einen Schussbefehl.
- Roter Wald: Blick von einem sicheren Punkt auf den am stärksten verstrahlten Teil in der Sperrzone. Der Wind hat nach der Explosion die radioaktiven Elemente zum kleinen Wald nahe dem Kraftwerk getragen. Die Strahlung erreicht an manchen Orten immer noch 600 bis 800 Mikrosievert pro Stunde.
Zusätzlich zu den Tagestouren gibt es mehrtägige Führungen mit Übernachtung in der Sperrzone. Die mehrtägigen Führungen nehmen sich mehr Zeit für die verschiedenen Stationen.
Zwei Hotels nehmen sogar Reisegruppen im Dorf Tschernobyl innerhalb der Sperrzone auf.
Die Hotels kannst du nur zusammen mit geführten Touren buchen.
5. Muss ich sonst noch etwas wissen?
- Feste Schuhe: Schuhe mit offenen Zehen sind in der Sperrzone verboten.
- Keine Drohnen: Ich habe neben dem Riesenrad in Prypjat trotzdem Drohnen gesehen. Möglicherweise sind Flüge mit einer speziellen Genehmigung erlaubt?
- Lange Hosen: Keine kurzen Hosen und keine kurzen Röcke.
- Keine Häuser: Das Betreten von Häusern ist verboten.
- Geigerzähler: Einen eigenen Geigerzähler kannst du um rund 10 € (200 Griwna) von deinem Reiseleiter ausborgen oder vor dem Kontrollpunkt um rund 40 € kaufen.
- Essen und Trinken: kannst du gegen einen Aufpreis von rund 10 € in der Kraftwerkskantine von Tschernobyl dazubuchen. Es gibt am Hin und Rückweg einen Stopp in einer Tankstelle.
- Geld: Das Essen in der Kantine kannst du online schon dazubuchen. Die Reiseleiter verkaufen es noch einmal im Bus bei Bedarf. Die Bezahlung funktioniert im Bus und in der Kantine von Tschernobyl mit einer Kreditkarte. Packe zur Sicherheit trotzdem ein wenig Bargeld ein. Hier sind meine Tipps zum Wechseln von Euro in Ukrainische Griwna und zum Geld abheben in der Ukraine.
Erfahrungen mit der Tour ab Kiew zur Sperrzone von Tschernobyl und Prypjat
Buchung und Abfahrt nach Tschernobyl
Ich habe die Tour zwei Tage vor meiner Ankunft in Kiew gebucht.
Die Veranstalter müssen nach der Buchung eine Bestätigung für den Besuch in der Sperrzone beantragen. So kurzfristig waren deswegen einigen Touren schon nicht mehr verfügbar. Das wusste ich vorab nicht.
Reserviere deswegen einen Platz spätestens eine Woche vor dem geplanten Reisetermin. Mit GetYourGuide kannst du ohne Angabe von Gründen bis 24 Stunden vor der Abfahrt kostenlos umbuchen oder stornieren.
Ich habe die "Ab Kiew: Tagestour zur Sperrzone von Tschernobyl und Prypjat" gebucht. An meinem Buchungstag hatte sie die besten Bewertungen und das passende Programm mit den Highlights in der Sperrzone.
Die Sprache ist Englisch. Deutschsprachige Touren sind deutlich teurer.
Abfahrt in der Früh aus Kiew
Meine Führung hat um 7:25 in der Früh vor der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universitat in Kiew angefangen.
Der gleiche Abfahrtspunkt und die ungefähre Uhrzeit stand auch in fast allen anderen Beschreibungen der Touren. Die 15minütige Fahrt von meinem Hotel am Majdan Platz zur Uni hat mit Uber in der Früh 51,02 Griwna (1,93 €) gekostet.
Gegenüber vom Eingang der Uni steht die Reihe mit weißen Kleinbussen der Tschernobyl Führungen. Reiseleiter stehen mit einer Namensliste vor den Bussen. Du musst mit deiner Buchungsbestätigung den richtigen Bus finden.
In die Mercedes Bussen passen jeweils rund 15 Passagiere.
Fahrt aus Kiew zum Kontrollpunkt
Im nicht ganz vollbesetzten Bus sitzen 12 Passagiere. Zuerst läuft eine Dokumentation zum Reaktorunfall in Tschernobyl auf einem Bildschirm im Bus.
Zur Hälfte der zweistündigen Fahrt halten wir an einer Tankstelle zum Kauf von Essen, Kaffee und für das WC. Die restliche Fahrt zum Kontrollpunkt vor der Sperrzone vergeht relativ schnell mit Essen, dem Blick auf die Landschaft und dem Wi-Fi im Bus.
Kontrollpunkt vor der Sperrzone
Vor dem Kontrollpunkt teilt unsere Reiseführerin die Besuchsbestätigung für die Sperrzone und ein persönliches Dosimeter für alle Teilnehmer aus. Danach müssen alle aus dem Bus aussteigen. Polizisten kontrollieren die Bestätigung zusammen mit dem Reisepass und dem Dosimeter noch einmal genau.
Nach 15 Minuten dürfen wir endlich in die Sperrzone hineinfahren. Ein britisches und ein polnisches Pärchen haben sich von den Souvenirständen am Kontrollpunkt noch einmal einen Kaffee und Mitbringsel gekauft.
Duga-1 Radardstation
Duga-1 war eine geheime sowjetische Radarstation zur Entdeckung von Interkontinentalraketen.
Die aufgelassene 150 m hohe und mehr als 500 m lange Antenne von Duga-1 steht heute in der Tschernobyl Sperrzone.
Abgesehen von den sowjetischen Soldaten durfte früher niemand die Station besuchen. Die Soldaten am Eingang haben laut unserer Reiseführerin zuerst geschossen und dann gefragt.
Heute ist die Duga-1 Radarstation eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in der Tschernobyl Sperrzone.
Spuren aus dem Kalten Krieg
Die verrosteten Antennen, Ruinen von Häusern, Roter Sterne und eine Büste von Lenin sind letzte Erinnerungen an die Soldaten in der Duga-1 Radarstation.
Wir gehen durch den Haupteingang in die Anlage hinein. Ein Hund von einem Wachposten begleitet uns.
Der Blick durch Fenster, offene Türen und eingestürzte Wände in Häuser, Kontrollposten und Baracken ist möglich.
Erster Blick auf Tschernobyl
Mit dem Kleinbus fahren wir zum Ausgangspunkt der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl: dem heute mit dem Schutzmantel "Sarkophag" umgebenen Reaktor 4 im Kernkraftwerk Tschernobyl.
Der Bus hält zuerst einen Kilometer vor dem Kernkraftwerk für Bilder, eine Messung mit dem Geigerzähler und einer Erklärung der Reiseführerin zum Ablauf der Katastrophe an. Der Geigerzähler von unserer Reiseführerin zeigt in einer Entfernung von 1 km 0,89 Mikrosievert an.
Reaktor 4 und Sarkophag
Keine fünf Minuten nach dem ersten Blick auf das Kraftwerk stehen wir direkt vor Reaktorblock 4 von Tschernobyl. Er ist mit einem "Sarkophag aus Metall" umgeben, der die Strahlung abschirmt.
Der Geigerzähler zeigt knapp mehr als 1 Mikrosievert vor dem Denkmal der Helden der Reaktorkatastrophe an.
Näher dürfen Besucher nicht an das Kraftwerk heran. Im Inneren bauen Arbeiter mit einem ferngesteuerten Kran die Reste des Reaktors ab.
Später sehen wir einige davon in der Kraftwerkskantine.
Zuerst fahren wir mit dem Bus zum Roten Wald und zur Geisterstadt Prypjat weiter.
Es ist 11:00 am Vormittag.
Roter Wald, Ortsschild und Brücke
Am Tag der Katastrophe wehte der Wind vom Kraftwerk genau in die Richtung von einem kleinen Wald.
Die Folge daraus ist eine gefährliche Strahlung von 600 bis 800 Mikrosievert pro Stunde. Eine Strahlenvergiftung fängt ab 1.000 Mikrosievert an.
Den Wald sehen wir nur aus einer sicheren Entfernung vom Straßenschild Richtung Prypjat. Unsere Reiseführerin zeigt uns am Parkplatz Stellen, mit einer höheren Strahlung. Ein Metallstück zeigt 16,13 Mikrosievert an.
Danach fahren wir über die Brücke, auf der am Tag der Katastrophe Schaulustige standen. Sie haben die dadurch verursachte Strahlenvergiftung nicht überlebt.
Der Wind hat die radioaktiven Elemente direkt zu ihnen geweht.
Geisterstadt Prypjat
In der kommunistischen Planstadt lebten zuerst die Bauarbeiter von Tschernobyl, danach kam das Personal des fertigen Kraftwerks zusammen mit ihren Familien dazu.
49.360 Menschen lebten am Tag der Reaktorkatastrophe in der Stadt. Sie mussten alle ihre Heimat einige Tage nach der Kernschmelze in Reaktorblock 4 verlassen.
Sie durften nur das notwendigste mitnehmen.
Viele dachten damals, dass sie wieder zurückkommen dürfen.
Schule von Prypjat
Heute sind die verlassenen Häuser, verfallenen Schulen und über die Ruinen wachsenden Bäume das Sinnbild der Reaktorkatastrophe. Gleich an der ersten Haltestelle in Prypjat spazieren wir zu einer der vier ehemaligen Schulen.
Durch ein Fenster sehen wir die verlassene Klasse mit den immer noch erhaltenen kleinen Holzbänken, Sesseln und der Schultafel. Einmal rund um die Ecke ist der Eingang in die Sporthalle. Ein Basketballkorb erinnert an der Wand noch daran. Der Holzboden löst sich auf. Vor dem Haupteingang der Schule wachsen Bäume durch Ritzen aus dem Beton.
Krankenhaus
Nahe der Schule steht das ehemalige Krankenhaus von Prypjat. Darin wurden die Feuerwehrmänner aus dem Kernkraftwerk erst behandelt. Der Keller mit der alten Schutzkleidung der Feuerwehr zählt nach wie vor zu den am stärksten verstrahlten Orten in der Sperrzone.
Besucher haben in der Vergangenheit medizinische Geräte für Bilder aus dem Krankenhaus geräumt. Dazu gehören Zahnarztsessel, ein gynäkologischer Stuhl und ähnliche Dinge deren Zweck nicht mehr klar erkennbar ist.
Kein Eintritt in Häuser
Heute ist das Betreten der Gebäude in Prypjat verboten. Zu viele Häuser, Böden und Treppen sind in der Stadt schon eingestürzt. Unsere Reiseführerin hat erzählt, dass früher einmal ein Besucher einen Handschuh der Feuerwehrmänner aus dem Keller dem Krankenhaus geräumt hat. Er musste nach seiner Entdeckungstour im Keller ins Krankenhaus - Strahlenvergiftung.
Der Handschuh soll auf dem Geigerzähler 500 Mikrosievert anzeigen haben. Sie hat ihn uns durch ein kaputtes Fester aus 5 Metern Entfernung gezeigt.
Der Geigerzähler hat aus der Entfernung nur 0,2 bis 0,5 Mikrosievert gemessen. Zumindest für Besucher ist Prypjat auf den markierten Wegen inzwischen sicher.
Die gesamte oberste Erdschicht in Prypjat wurde dafür nach der Katastrophe abgetragen. Die Straßen wurden neu asphaltiert. Das war ein Versuch, die Stadt wieder bewohnbar zu machen. Es hat nicht funktioniert.
Supermarkt, Häuser und Fabrik
Der nächste Punkt im Rundgang ist der zentrale Platz von Prypjat mit dem Supermarkt, Hotel und dem exklusiven Haus der ehemaligen Parteifunktionäre und wichtiger Personen. Darin wohnte zum Beispiel der Kraftwerksleiter von Tschernobyl.
Eine Fabrik nahe dem Platz war laut unserer Reiseführerin noch zehn Jahre nach der Reaktorkatastrophe in Betrieb. Produkte daraus waren für das sowjetische Militär wichtig.
Fluss Prypjat, Strahlung und das Restaurant
Der Fluss Prypjat fließt aus Weißrussland kommend nahe Tschernobyl in den Dnepr. Das Kernkraftwerk wurde nahe dem Fluss zur Kühlung der Reaktoren gebaut.
Zwischen Prypjat und der Hauptstadt Kiew gab es damals auch Fährverbindungen. Die Anlegestelle der Fähren besuchst du während der Führung. Ein halb im Fluss versunkenes Schiff erinnert noch an die Flussschiffahrt in der damaligen Ukraine.
Ein Blick in das Restaurant an der Anlegestelle ist auch möglich. Davor stehen noch zwei alte Automaten aus der Sowjetzeit.
Riesenrad, Autodrom und Park
Das Riesenrad von Prypjat ist zusammen mit dem Vergnügungspark eines der Symbole der Sperrzone. Der Eröffnungstermin war einige Tage nach der Katastrophe geplant.
Entlang dem Weg kommen wir auch am Fluss vorbei. Die Reiseführerin zeigt und eine Stelle unterhalb einer Treppe an der ihr Geigerzähler 24 Mikrosievert anzeigt. "Dort wo sich Wasser sammel kann, ist die Strahlung höher", sagt sie.
Essen in der Kantine von Tschernobyl
Kurz nach Mittag fahren wir noch einmal zum Kraftwerk für unser vorbestelltes Essen in der Kantine. Das Personal, das am Abbau von Tschernobyl arbeitet, isst darin auch.
Die anderen Reaktoren von Tschernobyl waren nach dem Unfall noch mehr als 10 Jahre in Betrieb. Das Kraftwerk war zu wichtig für die Stromproduktion in der damaligen Ukraine.
Der Eintritt zur Kantine ist erst nach einer Strahlenkontrolle möglich. Wir stellen uns danach an der Ausgabe für unser dreigängiges Menü mit einer Suppe, einer Hauptspeise, Nachspeise und einem Salat an. Geschmack – typisches Kantinenessen. Trotzdem okay.
Einige haben das Essen nicht gekauft. Sie setzten sich mit mitgebrachten Broten an einen Tisch.
Dorf Tschernobyl
Für die Fahrt zum Dorf Tschernobyl müssen wir an einem Kontrollpunkt mit Strahlenmessgeräten vorbeifahren. Es ist das ursprünglich mehrere Jahrhunderte alte Dorf, von dem das Kraftwerk seinen Namen hat.
Es steht im äußeren Teil der Sperrzone. Das ist die Region, die in etwa 300 Jahren wieder bewohnbar sein soll. Die Strahlung in der inneren Zone von Tschernobyl ist laut unserer Reiseführerin an manchen Orten für 50.000 Jahre zu gefährlich.
Im Dorf Tschernobyl wohnen inzwischen wieder Arbeiter aus dem Kraftwerk. Sie bleiben 15 Tage zum Arbeiten in der Sperrzone. 15 Tage haben sie frei.
Letzte Statue von Lenin in der Ukraine
Laut unserer Reiseführerin steht in Tschernobyl die letzte Statue von Lenin in der Ukraine.
Nach der Revolution am Majdan Platz haben die Ukrainer mit der Entkommunistifizierung und der Abnabelung von Russland angefangen.
Nach dem Ersten Weltkrieg war die Ukraine schon einmal ein unabhängiges Land. Die Sowjetunion hat sie unter Lenin blutig bis 1922 angeschlossen.
Später folgte der von der Sowjetunion organisierte Holodomor Völkermord in der Ukraine, der bis zur Mitte der 30er-Jahre mehr als 6 Millionen Ukrainern das Leben kostete. Das Holodomor Denkmal ist heute eine der wichtigsten Gedenkstätten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Hotels in Tschernobyl
Die zwei Hotels in der Tschernobyl Sperrzone stehen auch im Dorf Tschernobyl. Darin dürfen Reisende während mehrtägigen Führungen mit Halbpension wohnen.
Das sind die Führungen für die richtigen Geeks, laut unserer Reiseführerin. Du besuchst mit den mehrtägigen Führungen das Kontrollzentrum im Kraftwerk von Tschernobyl, den Kommandostand der Radaranlage und viele andere zusätzliche Orte in der Sperrzone.
Ein Besuch in einer ehemaligen Abschussanlage für mit Atomsprengköpfen bestückten Interkontinentalraketen im Süden von Kiew ist meistens auch dabei.
Häuser im Wald nahe dem Dorf Tschernobyl
Der letzte Programmpunkt sind Holzhäuser am Rand des Dorfes Tschernobyl. Wir spazieren durch einen Feldweg an den verfallenen Häusern vorbei zu einem Spielplatz.
Der Blick in die Häuser ist durch offene Fenster, eingefallenen Mauern und Türen möglich.
Rückfahrt nach Kiew
Die Tour durch Tschernobyl endet am Kontrollpunkt vor der Sperrzone. Die Reiseführerin nimmt uns die persönlichen Dosimeter ab und drückt auf den Knopf zur Anzeige gesamten Strahlenbelastung während dem Besuch.
Im Schnitt zeigen unsere Dosimeter 1,5 Mikrosievert an.
Ein Polizist kontrolliert noch unsere Ausweise am Ausgang, damit sicher ist, dass alle aus der Sperrzone hinausfahren.
Die Zone verlassen wir auf den holprigen Straßen Richtung Kiew gegen 16:00 Uhr.
Wir halten an der Tankstelle vom Vormittag für eine Toilettenpause und kommen gegen 18:00 am Platz vor der Nationale Taras-Schewtschenko-Universität in Kiew an.
Der Tag endet für mich im nahen Coffeelaktika Coffee Studio, das mir die Reiseführerin empfohlen hat.
Kiew fühlt sich nach Tschernobyl wie eine andere Welt an.
Zahlt sich die Tour aus?
Katastrophen haben die Ukraine geprägt.
Erster Weltkrieg, Bürgerkrieg, Besetzung durch die Sowjetunion, Holodomor Völkermord, Zweiter Weltkrieg, sowjetische Unterdrückung, Tschernobyl, Revolution am Majdan Platz, der Bürgerkrieg im Osten, der Krieg mit Russland … wer weiß, was noch kommt.
Die Tschernobyl Tour zeigt dir, wie Tschernobyl wirklich ausschaut.
Die Gespräche während der Fahrt zur Sperrzone haben sich vor allem um Neugierde gedreht. Die Tschernobyl Serie hat auch eine Rolle gespielt.
Du siehst während der Führung die wichtigsten Orte aus der Geschichte der Sperrzone. Dazu zählt der Reaktorblock 4 von Tschernobyl und die Geisterstadt Prypjat. Wenige kennen vorab Orte wie die Duga Radarstation oder das inzwischen wieder bewohnte Dorf Tschernobyl.
Die Tour gibt dir einen Einblick darauf, was mit den Städten, Dörfern und Bauwerken nach Jahrzehnten des Verfalls passiert. Sie erzählt dir auch die Geschichte der Menschen in der damaligen Ukraine und dem Leben in der Sowjetunion.
Meiner Meinung nach zahlt sich die Tour deswegen auf jeden Fall aus.
Du siehst einen außergewöhnlichen Ort, den es sonst nirgendwo auf der Welt gibt.
Tschernobyl lässt sich außerdem gut mit einer Städtereise verbinden. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew gibt es genug Sehenswürdigkeiten für 2 bis 3 Tage.
Die "Ab Kiew: Tagesausflug nach Tschernobyl Sperrzone mit Prypjat" Tour kann ich dafür auf jeden Fall empfehlen.
Sie hat meiner Meinung nach gut funktioniert.
Zum Schluss bist du noch an der Reihe:
Warst du schon in Tschernobyl oder planst du eine Reise?
Was denkst du von der Sperrzone? Fehlen noch Informationen in meinem Beitrag?
Lass es mich unten in den Kommentaren wissen.
Danke für diesen sehr informativen und bildlich dokumentierten Bericht. Eine Korrektur hätte ich da. Die Werte deines Dosimeters zeigen keine Millisievert, es handelt sich um Mikrosievert (ein Mikrosievert ist 1000tel Millisievert). Zu erkennen am Kürzel hinter der Zahl „µSvh“ (Mikrosievert pro Stunde). Bei Millisievert stünde da „mSvH“. Deine gemessenen Werte wären im Millisievert Bereich bei einem mehrstündigen/mehrtägigen Aufenthalt krankenhausreif.
Als Beispiel, Wir nehmen pro Jahr zwischen 0,5 und 1,5 Millisievert Umweltstrahlung auf, je nach Wohnort. Rechnet man Röntgenbilder, CT´s, medizinische Untersuchungen oben drauf, kommt man auf ca. 2,1 Millisievert pro Jahr in unbelasteten Wohngegenden. Im Gebirge deutlich höher.
Am Beispiel der Sperrzone: normale Umweltstrahlung pro Stunde schwankt je nach Wohnort bei 0,03 und 0.08 Mikrosievert, in der Zone liegt der Wert an ungefährlichen Orten bei 0,12 bis 0,25 Mikrosievert pro Stunde. Alles in allem keine Bedrohung.
Nehmen wir das „Handschuhfragment oben im Bild“ als Beispiel. Wenn dort 500 Mikrosievert/h gemessen werden, hat der Körper bei einer 24h Verweildauer in nächster Nähe eine Strahlendosis von 12000 Mikrosievert(12 Millisievert) aufgenommen. Würde man ein Jahr lang daneben stehn, wären das 4,4 Sievert inklusive Grabstein.
Eine direkte Messung am Handschuh für ein paar Sekunden ist vielleicht nicht ratsam aber auch nicht brandgefährlich. Man sollte diese Dinge aber aber generell nicht anfassen.
Danke auch für die Informationen rund um den Reiseanbieter und die enthaltenen Leistungen.
LG
Carsten
Hallo Carsten,
danke für deine Nachricht und den Hinweis.
Den Mikro- und Millisivertfehler tausche ich gleich aus.
LG Thomas
Danke für diesen tollen Bericht :). Was würdest du sagen, würde es sich lohnen mehr als nur einen Tag die Zone zu besuchen oder sagst du man erlebt an einen Tag mehr als genug? Ich bin gerade am überlegen welche Art von Tour ich mir buchen soll
Hallo Fritz,
kommt auf dein Interesse an der Sache an.
Zwei Tage zahlen sich mit allen zusätzlichen Orten schon aus, die du sehen kannst. In den mehrtägigen Touren ist zum Beispiel meistens ein Besuch im Kontrollzentrum von Reaktorblock 4 dabei.
Zusätzlich schläfst du in einem Hotel in der Zone.
Falls dich das interessiert, sind die zwei- bis dreitätigen Touren interessant.
LG Thomas
Ich glaube es wäre gut 2 Tage zu nehmen
An 2 Tagen siehst du deutlich mehr.
Und du hast eine Nacht im Hotel in der Sperrzone dabei. Willst du einmal möglichst viel sehen, würde ich mir das Erlebnis nicht entgehen lassen. Aber momentan geht leider gar nichts.
Wird ja leider für unbestimmte Zeit nicht mehr möglich sein 🙁
Hätte mir das sehr gerne mal angesehen.
Hallo Stefan,
leider ja. Ich hoffe, in der Ukraine ist bald wieder Ruhe.
Es ist viel zu viel passiert im Land in den letzten Jahrzehnten.
LG Thomas
Hallo,
Wie viel kostet so eine ganze Führung und Flug und sowas zusammen ungefähr?
Würde mich über eine Antwort freuen
Danke!
Hallo Alexander,
ich habe damals in 2020 pro Person im Februar rund 100 € bezahlt, 90 € oder 120 € oder so waren es glaube ich genau.
Steht das nicht im Artikel?
Es war auf jeden Fall relativ günstig im internationalen Vergleich, aber eher teuer für die Ukraine.
Wegen des Krieges sind momentan aber keine Führungen nach Tschernobyl möglich.
LG Thomas